„Digit-all?!“

„Digit-all?!“

Impulstag zur digitalen Bildung am Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium erörterte Möglichkeiten und Grenzen des medialen Unterrichts

Schüler, die gemeinsam ein digitales Tafelbild erarbeiten, im Unterricht auf dem Pad Fragen beantworten oder schnell eine Vokabel oder Definition auf ihrem Smartphone nachsehen, ihre Gruppenarbeitsergebnisse auf dem Visualizer mal eben einfrieren können und in Mathe Fragestellungen lösen, deren Hintergrund sie sich zu Hause auf speziell für sie angefertigten Erklärvideos angeeignet haben –Zukunftsmusik?

Vor allem dank des Engagements der Arbeitsgruppe „Digitale Bildung“ und dem stellvertretenden Schulleiter Thomas Kress sind diese Situationen am Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium Durmersheim schon heute real: Die Klassenzimmer wurden alle mit modernsten Medieneinheiten ausgestattet, ein flächendeckendes WLAN kann für den Unterricht genutzt werden und ein Klassensatz von Tablets wurde aus den schuleigenen Mitteln angeschafft und wird seitdem in verschiedenen Unterrichtsfächern erprobt. Seit dem 1.7.2017 werden sie dabei auch von Herrn Maier vom Landkreis Rastatt unterstützt, der in einer neu geschaffenen Stelle für die kreiseigenen Schulen im Bereich IT/ Breitbandanschluss zuständig ist. Alle Kollegen werden zudem schulintern zur sinnvollen Nutzung der neuen technischen Möglichkeiten fortgebildet.

Also alles nur noch digital?

Nein, das nun auch wieder nicht, das wollen weder die Lehrer noch die Schüler, wie auf dem Thementag zur digitalen Bildung am 19.7. zu erfahren war.

Dazu hatte sich die Arbeitsgruppe des WHG mit Gabriele Katzmarek (MdB) getroffen, die aus ihren Erfahrungen mit Unternehmen und Arbeitnehmern berichtete, dass sich die Arbeitswelt immer mehr digitalisiere und es viele der heutigen Berufsabläufe in naher Zukunft nicht mehr geben werde. Prof. Thissen (Hochschule der Medien, Stuttgart), der zusammen mit seiner Mitarbeiterin Frau Zügel (Forschung und Entwicklung im Bereich eLearning), gekommen war, bestätigte, dass man natürlich die Schüler schon heute auf die veränderte Lebenswelt vorbereiten müsse. Er empfahl, den Fokus dennoch eher auf die Vorteile zu legen, die eine neue zeitliche Flexibilisierung dank digitaler Medien mit sich bringe, und dass genau diese Vorteile doch auch im Schulleben Eingang finden könnten. Die Schulleiter betonten, dass Medieneinsatz natürlich nicht technischer Selbstzweck sein dürfe, sondern den analogen Unterricht nur ergänzen und optimieren könne und somit auch die Persönlichkeit eines „echten“ Lehrers im direkten Kontakt mit den Jugendlichen niemals ersetzen werde.

Die Lehrer der Arbeitsgruppe präsentierten unter anderem einen aktualisierten Medienentwicklungsplan für ihre Schule. Ihrer Meinung nach bringt digitale Bildung eine motivierende Abwechslung zu herkömmlichen Lernformen, ermöglicht den Jugendlichen auch einmal das Erstellen „nachhaltigerer Produkte als ein Plakat an der hinteren Klassenzimmerwand“, gibt ihnen Selbstbewusstsein beim Präsentieren und fördere vor allem das eigenständige Arbeiten, eine Schlüsselkompetenz für das weitere Leben. Schon ab dem Basiskurs Medienbildung in der Klasse 5 wird am WHG jedoch erzieherisch auch darauf Wert gelegt, dass die Heranwachsenden lernen, ihren Medienkonsum zu überprüfen, sich abzugrenzen, denn nur so würden sie auch später in Beruf und Familie in der Lage sein, sich von sozialen Netzwerken usw. nicht rund um die Uhr vereinnahmen zu lassen. Auch das Thema Datensicherheit und Persönlichkeitsschutz dürfe dabei nicht aus dem Blick kommen, wozu ein mehrstufiges Präventionsprogramm an der Schule eingerichtet wurde.

Ohne WhatsApp beim gemeinsamen Restaurantbesuch auf der Klassenfahrt? –Nicht einfach…

Ähnlich äußerten sich anschließend auch Schüler der Kursstufe in einer spontanen Fragerunde: Sie erleben z.B. das von Herrn Fähnrich und Herrn Thein konzipierte und preisgekrönte Projekt „Flip the classroom“ im Oberstufenunterricht Mathematik als motivierend und empfinden die Erklärvideos vor allem ihren individuellen Bedürfnissen angepasst. Man könne damit wann immer man wolle, mit flexiblen Pausen oder auch mehreren Wiederholungen und auch noch einmal direkt vor einer Prüfung arbeiten. In Mathe schwächere Schüler finden dies ebenfalls äußerst hilfreich.

Aber auch die Schüler wünschen sich keine permanente Digitalisierung des Unterrichts, sind sie doch mit dem Mix aus Unterrichtsformen und Medien ganz zufrieden. „Irgendwann guckt man noch genug in die Röhre“, so eine Oberstufenschülerin; gedruckte Texte zu lesen und selbst die herkömmliche Tafel seien kein Nachteil, meinten andere. Aber das Flexible wird eben auch hier schon geschätzt, so zum Beispiel die Freiheit für Oberstufenschüler des WHG, zu wählen, ob sie ihre Unterrichtsaufschriebe auf Tablet oder Papier vornehmen wollen.

(Susanne Treiber)