„Heute ist ein guter Tag“ - Aufführung des Literatur- und Theater-Kurses im Jakobus-Theater Karlsruhe

„Heute ist ein guter Tag“ - Aufführung des Literatur- und Theater-Kurses des WHG am 01. Juni 2017 im Jakobus-Theater Karlsruhe
  • Anwesenheitspflicht bei allen Proben
  • Auswendigkennen aller Texte
  • Abiturprüfungen im selben Halbjahr …

… Die Liste der Bedingungen, die der Leiter des Literatur- und Theater-Kurses Carsten Thein seinen Schülerinnen und Schüler vorlegte, verdeutlicht die Herausforderungen und ebenso die Ansprüche, welche für die Produktion von Ann Christin Fockes Theaterstück „Heute ist ein guter Tag“ angesetzt wurden. Also lieber keine Theateraufführung in 2017? „Von wegen!“, dachten sich fünf Abiturienten, nahmen das Zepter in die Hand und waren dazu bereit, selbst am Wochenende und unmittelbar nach den Prüfungen, in sengender Hitze, auf Schuldächern und in Kellerschächten ihre Rollen nicht nur zu verkörpern, sondern auch zu leben. „Einfach nicht so einfach“, doch dieser Tatendrang überzeugte sogar die Polizeibeamten des Präsidiums Karlsruhe Südweststadt so sehr, dass sie mithilfe einer authentischen Festnahme die Grenze zwischen Realität und Fiktion weiter verschwimmen ließen.

Karlsruhe, Donnerstag, den 1. Juni 2017: 25°C im Schatten. Also Eis essen, schwimmen im Baggersee, picknicken im Schlossgarten? „Von wegen!“, dachten sich die zahlreichen Besucher des Jakobus-Theaters, sodass sogar zusätzliche Stühle herangetragen werden mussten. Und die Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Das Publikum tauchte ein in die Wirren zwischenmenschlicher Beziehungen, in die energiegeladenen Gedanken beeindruckender Charaktere und in eine von Emotionen und Überraschungen geprägte Handlung. „Heute ist ein guter Tag“ beschreibt die vielseitige Suche junger Erwachsener nach der eigenen Bestimmung, nach großen Gefühlen und nach großen und großartigen Zielen und verlegt damit seit jeher aktuelle Themen in unsere heutige Zeit.

Im Mittelpunkt der Handlung steht eine Gruppe von Mädchen, welche einen neuen Kinofilm mit dem Schauspielstar Angelina Jolie promoten sollen. Dabei verteilen sie Flyer mit der Aufschrift „Lovely Juliet – Wärst du nicht auch gerne mal reich und schön?“ Wer wäre das nicht gerne? Doch die sich dadurch bietenden Möglichkeiten überschatten die reale Welt, in der Hunger, Not und Leid ein brennendes Thema sind. Diese Erkenntnis ziehen zumindest Ana, wie Anarchie (Katharina Merkel), Victoria, lateinisch für Sieg’ (Anna Schwab), Rosa, wie Rosa Luxemburg (Anke Weisenburger) und Marie, wie naja, Marie eben (Klara Schark) aus ihrem scheinbar nutzlosen Dasein. Sich nützlich machen, der Welt zeigen, dass sie die Welt verändern und verbessern können,das Licht der Scheinwerfer auf die wirklich wichtigen Dinge werfen, das nehmen sich die vier Jugendlichen fest vor. Mit ihrer geplanten Aktion, die Premiere des neuen Kinofilms mit Angelina Jolie zu sabotieren und stattdessen Bilder von verhungernden, AIDS-kranken oder als Soldaten missbrauchten Kindern zu projizieren, wollen sie ihrem Unmut Luft machen und den großen Rest der Menschheit wachrütteln. Doch leider werden Ana, Rosa und Marie verhaftet und sitzen schließlich eine halbe Stunde vor Premierenbeginn in Handschellen im Polizeiwagen. Die Vermutungen, wer sie verraten haben könnte, treffen auf den Kinoticketabreißer Jan (Linus Kohler), in den sich Marie verliebt hat, und die neue Promotion-Kollegin Tine (Ann-Sophie von Zitzewitz), der kein rechter Anschluss an die Mädchen-Clique gelingen will. Zusätzlich wird die Freundschaft untereinander auf eine harte Probe gestellt. Überraschend verändert Tine jedoch ihre Abwehrhaltung und verhilft den Mädchen eigenständig zur Umsetzung des Plans, womit dem voreingenommenen Ersteindruck eine Absage erteilt und eine tiefere Deutungsebene eröffnet wird. Im Wechselspiel zwischen Gegenwart und Vergangenheit werden alle figuralen Facetten des Außen- und Innenlebens reflektiert. Unterstützt durch dialogfreie Videoszenen und ausdrucksstarke Songs der Band „Sportfreunde Stiller“ legt der Blick auf die Kulisse somit einen tiefen Blick hinter die Kulissen frei.

Rosa Haare und Rosa Luxemburg, Anarchie und Angelina Jolie, wahre Helden und WhatsApp – all dies verbanden die Protagonisten mühelos, stets sympathisch und ohne Scheu vor direkten Interaktionen mit dem Publikum. Denn es galt zu überzeugen: „Wir können die Welt verändern, wir können etwas verändern, wir sind ein Team!“ Und die Begeisterung und Leidenschaft der Darstellerinnen und Darsteller schwappte in großen Wogen ins Publikum und löste kräftigen, langen Applaus aus. „Ihr wart spitze!“, sprudelte es daher auch aus einem über alle Maßen zufriedenen und glücklichen Carsten Thein am Ende der Vorstellung heraus, womit eigentlich der Gesamteindruck präzise zusammengefasst ist.

Zudem sei an dieser Stelle nochmals Rainer Eckert vom Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium für die tatkräftige Unterstützung, Raimund Merkel für den Kontakt zum Polizeipräsidium, dem Kammertheater für die Innenaufnahmen, dem Sandkorntheater für die Requisiten, dem Jakobus-Theater für Aufführungsmöglichkeiten, Eva Walter für die Fotos und Nicolas Hilger sowie Luca Renner für die Technik, welche die Schauspielerinnen und Schauspieler in jeglicher Hinsicht professionell in Szene gesetzt hatte, ein ganz herzlicher Dank ausgesprochen. Und auch wir sagen danke für diesen rundum gelungenen, wunderbaren Theaterabend, das war wirklich ein guter Tag!

Andische Schabani und Patrizia Cammilleri