Überzeugende Inszenierung: Die Theater-AG des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium Durmersheim spielte Krimiklassiker von Agatha Christie

„Jemand hat Theater inszeniert“, entsetzen sich die Protagonisten, als sie begreifen, dass jemand ihr Ableben regelrecht arrangiert hat. Dieser Jemand ist ihr unsichtbarer Gastgeber Mr. Onym, der sie alle Zehn auf eine abgeschiedene Insel gelockt hat und nun per Schallplattenaufnahme vertuschter Kapitalverbrechen beschuldigt. Zugleich kündigt er den Tod jedes einzelnen Gastes an. Einen nach dem anderen ereilt dieses Schicksal, während die schrumpfende Schar der Überlebenden immer verzweifelter versucht, herauszufinden, wer von ihnen der Mörder ist.

Unter der professionellen Regie ihres Leiters Carsten Thein (WHG Durmersheim und auch am Jakobus-Theater Karlsruhe tätig) inszenierte die Theater-AG des WHG zum Schuljahresabschluss eine gelungene Bühnenfassung des bekannten Kriminalromans „Und dann gab’s keines mehr“ von Agatha Christie. Dazu hatte man die Mensa und den Musiksaal erstmals mit abgestuften Zuschauerrängen versehen und eine große Bühne errichtet, ein Aufwand, der die Mühe auf alle Fälle wert war. Ein beeindruckendes Bühnenbild entführte den Zuschauer in einen stilvoll eingerichteten englischen Salon. Der gemalte Fensterblick auf Küstenlandschaft und Meer verdeutlichte, dass sich das Geschehen auf einer abgelegenen Insel abspielt; dies wurde auch immer wieder durch akustische Einspielungen wie Möwenkreischen oder Wellengeräusche untermalt. Die Technik-AG unter der Leitung von Stefan Zimmer sorgte für erstklassige Tontechnik und geschickte Beleuchtungseffekte wie Schummerlicht, je nach dargestellter Tageszeit und Wetter.

Als Leitmotiv fungierte das einstmals populäre Kinderlied „Zehn kleine Negerlein“ (so auch der ursprüngliche Titel des Romans): Es erklang musikalisch, u.a. live auf dem Flügel, gespielt von Carsten Thein, der zum ersten Mal auch in der Theater-AG selbst eine Rolle übernahm und den sehr von sich überzeugten Anthony Marston mit viel Witz spielte. Mit jedem neuen Todesfall fiel dann ein weiteres der zehn kleinen, auf eine Kommode drapierten Figürchen um und schließlich spielte auch der Text dieses Abzählliedes eine tragende Rolle: In jeder Strophe wird einem weiteren Gast die Art seines Todes vorausgesagt.

Die Schauspieler meisterten die vielen Dialoge so gut, dass es wirklich bis zum Schluss spannend blieb, wer denn nun hinter dem mysteriösen Mr. Onym stecken würde. Dabei gab Franziska Hiß die scheinbar naive und sehr dem Alkohol zugetane Butlerin; Uschi Schmidt, Kollegin am WHG, spielte deren Schwester und Köchin der Salongesellschaft. Lena Schorpp stellte die eigentlich selbst völlig verkorkste Psychiaterin Dr. Armstrong dar; die bibeltreue und moralisch unantastbare Lady Emily wurde von Sabrina Semmle verkörpert, der pensionierte General MacKansey von Yannik Ullrich gespielt. Als ehemaliger Polizist und Privatdetektiv Blore kombinierte Julian Fust stets neu, wer denn nun der Täter sein könnte. Diese Frage beschäftigte das Publikum auch in der Pause in lebhaften Diskussionen. Umso genialer der Einfall, dass die Zuschauer beim Wiederbetreten des Saals ihre Vermutung auf einer Strichliste kundtun durften. Diejenigen, die für die Sekretärin Vera Claythorne gestimmt hatten, sahen sich getäuscht. Sie wurde von Dilara Alkyildriz dargestellt, die ja auch bei den Bickesheimer Festspielen tätig ist und ihre zunehmende Verzweiflung meisterhaft auf die Bühne brachte. Weil sie ihn zum Schluss für den einzig möglichen Täter betrachtet, erschießt sie den charmanten Captain Lombard, dargestellt von Konstantin Mues, bevor sie selbst den Freitod sucht. Wer für die ehemalige Anklägerin und Richterin Wargrave (Ereza Sunguri: sehr überzeugend in ihrem vorgetäuschten Willen zur Aufklärung) votiert hatte, lag schließlich richtig. Denn zum Schluss offenbart Richterin Wargrave ihre beiden extremen Neigungen, den Gerechtigkeitssinn und die Lust am Töten. Um diesem Wahnsinn gerecht zu werden, inszenierte sie den Tod aller Anwesenden und sogar ihren eigenen – ein tückischer Plan, ausgeklügelt wie alle Handlungen der Krimimeisterin Agatha Christie und absolut spannend aufgeführt von den jungen Schauspielern der Theater-AG des WHG.

Susanne Treiber