„Der goldne Topf“ im Badischen Staatstheater Karlsruhe: Der Deutsch-Kurs von Frau Bolle war dabei

„Der goldne Topf“ im Badischen Staatstheater Karlsruhe: Der Deutsch-Kurs von Frau Bolle war dabei

Bequemes bürgerliches Leben oder das Leben im Reich des Phantastischen? Diese Frage stellte sich der Student Anselmus im Badischen Staatstheater Karlsruhe. Hier hatten sich die Schüler des Deutschkurses von Frau Bolle aus der Kursstufe 1 am 26.November 2018 eingefunden, um sich die Theateraufführung des von E.T.A. Hoffmann geschriebenen Märchens aus der neuen Zeit anzuschauen.

„Der goldne Topf“ stammt aus der Zeit der Romantik und erzählt die Geschichte des jungen Studenten Anselmus, der versucht, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden und sich in einem Zwiespalt zwischen der bürgerlichen und der phantastischen Welt befindet. Zum einen wären da seine bürgerlichen Freunde, der Registrator Heerbrand und der Konrektor Paulmann, dessen Tochter Veronika zudem in den tollpatschigen Studenten verliebt ist. Zum anderen wäre da seine Arbeit beim Archivarius Lindhorst, der Anselmus immer mehr in die Wunder der phantastischen Welt einführt und mit dessen Tochter, dem grünen Schlänglein Serpentina, Anselmus sich zu gerne vermählen würde. Wäre da nicht die Gegenspielerin des Archivarius, das Äpfelweib, die sich Anselmus immer wieder in den Weg stellt und an welche sich auch Veronika wendet, um mit Hilfe von schwarzer Magie Anselmus für sich zu gewinnen.

Hatte sich der eine oder andere noch auf dem Weg zum Theater gefragt, wie man eine solches „Märchen der neuen Zeit“, das von wispernden Schlänglein, wandelnden Holunderbüschen und einem sich in einen Geier verwandelnden Archivarius erzählt, auf eine Bühne bringen will, wurde dieser nicht minder überrascht, als er das minimalistische Bühnenbild sah: Ein großer weißer Kasten mit ausklappbarer Vorderseite, der an einen Schauwagen erinnern soll, in und um welchen sich die gesamte Handlung abspielt und welcher sich als äußert wandelbarer Schauplatz der Geschichte entwickelt.

Ein Ensemble aus fünf Schauspielern verkörperte die verschiedenen Figuren, wenn auch Serpentina auf eine unerwartete Weise in das Stück eingebunden wurde: So wurden grüne Bänder oder große leuchtende blaue Augen genutzt, um sie darzustellen.

Bemerkenswert ist die einfache und doch wirkungsvolle Darstellung des märchenhaften Geschehens durch einfache Hilfsmittel, Licht oder auch Soundeffekte, wie zum Beispiel das Verwandeln der Türklingel in das Äpfelweib, das sich schließlich als Schlange auf Anselmus stürzt. Hier wurde mit einem Schlauch nachgeholfen.

Allerlei hinzugefügte humorvolle Passagen sowie die Überspitzung einiger charakterlicher Züge, insbesondere die des Registrator Heerbrands und des Archivarius Lindhorsts, sorgten für Lacher und Unterhaltung. So kam es vor, dass der Archivarius einen Geier imitierend die Bühne verließ oder sich Anselmus und der Registrator Heerbrand kurzerhand in eine Disko verirrten. Auch die Punschszene sorgte für Begeisterung, sehr treffend dargestellt seitens der Schauspieler.

Schön zu sehen war auch der Einfluss und das Gegenspiel zwischen Archivarius und dem Äpfelweib, beide stets präsent auf der Bühne, teilweise das Geschehen beobachtend, teilweise selber in das Geschehen eingreifend, ein im Buch nicht so leicht zu erkennender Aspekt.

Kurz vor Ende der Vorstellung gab es dann noch allerlei Verwirrung. So hatten einige Schüler begonnen, den Saal zu verlassen, eine Störung , die dennoch gekonnt von einzelnen Schauspielern überspielt wurde, weshalb sich der Zuschauer selber nicht sicher war, wo die Grenze zwischen Theaterstück und Realität lag. So beschrieb der bereits nach der Punschszene betrunkene Registrator Heerbrand die sich zum Ausgang bahnenden Schüler als „Karawane“ und gab dem Zuschauer das Gefühl, dass er immer noch in seinem Rausch war.

Das Theaterstück hat einen umfassenden Überblick über die Handlung vermittelt und einige Zusammenhänge zwischen den einzelnen Figuren verständlicher gemacht. Besonders die schauspielerischen Leistungen der Darsteller haben die ein oder andere bisher unbemerkte Facette der Charaktere hervorgehoben.

Auf die Frage „Leben im Bürgertum oder in der phantastischen Welt?“ hat Anselmus schließlich eine Antwort gefunden und so lag es am Ende des Stücks jetzt am Zuschauer sich zu fragen: „ Ist denn überhaupt des Anselmus Seligkeit etwas anderes als das Leben in der Poesie, der sich der heilige Einklang aller Wesen als tiefstes Geheimnis der Natur offenbaret?“

 

(Hannah Oelze, J1)